Abbildungen in der Pflanzensammlung
Um eine möglichst vollständige Pflanzensammlung zu bekommen, ergänzte Platter die getrockneten und gepressten Pflanzen mit Abbildungen. Nach Möglichkeit versuchte er, aus Pflanze und Abbildung ein Paar zu bilden, jeweils mit der Abbildung links und der Pflanze rechts bei aufgeschlagenem Buch. Hier zeigt sich besonders deutlich, dass Platters Sammlung erst eine Vorstufe zu einem modernen wissenschaftlichen Herbar ist. Abbildung und Pflanze sind gleichberechtigte Hilfsmittel zum Erkennen und Benennen einer bereits beschriebenen Art. Die gepresste Pflanze erleichtert den Vergleich mit der Natur, spezielle morphologische Merkmale oder Hinweise zum Wuchsort (Fundstelle, Ökologie) sind aber noch unwichtig.
Wie unter Platters Sammlung erwähnt, waren 24 Bände reine Abbildungssammlungen, wahrscheinlich, da die passenden Pflanzen fehlten oder die gleiche Art mit mehreren Illustrationen belegt war.
Die Pflanzenbilder sind vorwiegend Holzschnitte, teilweise aquarelliert, die aus Kräuterbüchern stammen oder für solche geplant waren. Bei einigen Illustrationen handelt es sich aber um Originale, Aquarelle von wohl drei Meistern aus dem Raum Basel, die bisher nicht näher identifiziert werden konnten. In den noch vorhandenen acht Herbarbänden finden sich jedoch 77 Illustrationen von herausragender Qualität, kolorierte Federzeichnungen, die dem Strassburger Hans Weiditz (1495–1537) zugeordnet werden konnten. Da Platter viele seiner Naturalien aus Nachlässen erwarb, ist wahrscheinlich, dass er so auch zu diesen Bildern kam, die vermutlich aus dem Besitz von Conrad Gessner stammen. Weiditz zählt mit seinem Lehrer Hans Burgkmair d. Ä. (1473–1531), Hans Holbein und Albrecht Dürer zu den herausragenden Illustratoren seiner Zeit. Besonders interessant sind Weiditz’ Pflanzenbilder, weil sie als Vorlage für das Kräuterbuch von Otto Brunfels, die «Herbarum vivae eicones» von 1530 gedient haben. Brunfels’ Werk gilt als erstes Buch mit nach der Natur gemalten Pflanzendrucken.
In Platters Herbar fällt auf, dass die Weiditz-Zeichnungen den Konturen entlang ausgeschnitten wurden und teilweise Fehlstellen aufweisen, die direkt auf der Seite ergänzt worden sind. Dieser scheinbare Kunst-Frevel erklärt sich daraus, dass Weiditz die Blätter beidseitig bemalte. Durch das Ausschneiden versuchte Platter möglichst grosse Teile der Pflanzenzeichnungen von beiden Seiten zu gewinnen, die er dann aufkleben konnte.